Über die Schulter geschautWas macht eine Operationstechnische Assistentin?

„Schwester, Tupfer bitte!“ – Dieser Satz fällt nahezu in jeder anständigen Krankenhaus-TV-Serie. Auch in der Realität bekommt die „Schwester“ ihn wohl mehr als einmal pro Tag im Operations-Saal zu hören. Doch beim simplen Tupferreichen endet ihr Aufgabengebiet bei Weitem nicht. Es ist weitaus komplexer und überaus anspruchsvoll. Die viel zitierte „Schwester“ ist eine hochqualifizierte Fachkraft. Sigrid Wiener wollte schon seit ihrem 16. Lebensjahr als solche am Operationstisch arbeiten. Mit Anfang 50 macht sie nun ihren Traum wahr und absolviert aktuell am Bürger­hospital gemeinsam mit sieben Kolleginnen und Kollegen ihre Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin (OTA). Kristin Brunner

Die Schicht von Sigrid Wiener beginnt – wie bei allen angehenden und bereits examinierten Operationstechnischen Assistenten – vor dem OP-Saal. In einer Teambesprechung werden sie und ihre Kolleginnen und Kollegen den einzelnen Operationssälen zugeteilt. Anschließend werden die anstehenden Operationen und Besonderheiten, die beachtet werden müssen, besprochen. So hat der Patient, der heute als zweites in Sigrid Wieners Saal operiert werden wird, einen Herzschrittmacher.
Anschließend geht es jeweils zu zweit in die Operationssäle. Sigrid Wiener und die bereits examinierte Kollegin, der sie zugeteilt wurde, besprechen, wer während der ersten Operation welche Funktion übernehmen wird. Schnell ist die Entscheidung getroffen.

Sigrid Wiener weiß im Normalfall, welches Instrument der Arzt als nächstes benötigt.

Sigrid Wiener wird die sogenannte Instrumentierende sein. Sie wird mit dem Chirurgen direkt am Operationstisch stehen und ihm die Instrumente und Materialien anreichen. Ihre Kollegin dagegen wird sich als Springer im Raum bewegen. Sie kontrolliert u.a. vor der Operation die Identität des Patienten, übernimmt die lückenlose Dokumentation der Operation, überwacht und bedient medizintechnische Geräte, wie z.B. das Hochfrequenzgerät, das zur Blutstillung eingesetzt wird.
Als wichtiger Bestandteil des OP-Teams unterstützen Operationstechnische Assistentinnen und Assistenten den Chirurgen, vor allem aber den Patienten. Sie betreuen ihn nicht nur während des operativen Eingriffs, sondern auch in den für den Patienten psychisch oftmals schwierigen Situationen direkt vor und nach der Operation. Dabei tragen sie durch ihre Arbeit auch wesentlich zur Sicherheit des Operierten bei.

Bevor Sigrid Wiener ihre Arbeit im Operationssaal beginnt, führt sie die chirurgische Händedesinfektion durch und zieht einen sterilen OP-Kittel sowie Handschuhe an. Ihre Kollegin hilft ihr dabei. Auch sie hat sich vorher die Hände desinfiziert. Anschließend bereitet sie den Instrumentiertisch vor, der mit einem sterilen Tuch bezogen wird und auf dem sie später die Operationsinstrumente und –materialien nach einem vorgegebenen Standard richten wird. Mehrweginstrumente, wie z.B. Pinzetten und Klemmen, werden in einem Container mit Siebeinsatz aus Metall in den Operationssaal geliefert. Bevor Sigrid Wiener diesen öffnet, prüft sie anhand eines Etiketts und der Versiegelung, ob die Instrumente steril sind. Das Etikett verfärbt sich, wenn der Sterilisierungsvorgang erfolgreich war. Einwegmaterialien, wie z.B. Tupfer, sind stets steril in Kunststoff verpackt und werden durch den Springer sachgerecht, d.h. ohne sie zu berühren, geöffnet und dem Instrumentierenden vor und während der OP angereicht.

Die richtigen OP-Bestecksiebe müssen rechtzeitig in den OP-Sälen bereit stehen.

Ist der OP-Saal vorbereitet, wird der Patient hineingebracht und mit dem sterilen OP-Tuch abgedeckt. Während der Operation reicht Sigrid Wiener dem operierenden Arzt und den Assistenten die benötigten Instrumente zum richtigen Zeitpunkt an und nimmt sie wieder entgegen. Eine gute Kondition ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Einige Operationen dauern mehrere Stunden.

Am Ende der Operation, bevor die Operationsnaht geschlossen wird, führen Instrumentierender und Springer im Vier-Augen-Prinzip eine Zählkontrolle durch. Gemeinsam überprüfen sie, dass sich sämtliche Materialien und Instrumente, die vor der Operation bereitgelegt und gezählt wurden, wieder auf dem Instrumentiertisch befinden. Auch Tupfer und Tücher werden akribisch gezählt.

Schließlich wird der Patient aus dem Operationssaal gebracht. Sämtliche Mehrweginstrumente, ganz gleich, ob sie verwendet wurden oder nicht, werden für die Reinigung, Desinfektion und Sterilisierung vorbereitet, wieder in das Sieb gelegt und anschließend aus dem Saal gebracht. Nachdem der Operationssaal gereinigt wurde und Sigrid Wiener und ihre Kollegin eine Pause gemacht haben, bereiten sie die nächste Operation vor. Manchmal sind dies bis zu sieben an einem Tag, manchmal nur eine, je nachdem, welcher Eingriff auf dem OP-Plan steht. Sigrid Wiener und ihre Kollegin wechseln sich dabei pro Operation in ihren Tätigkeiten als Instrumentierender und Springer ab. Am Ende des Arbeitstages räumen sie den Operationssaal auf, fahren die technischen Geräte herunter und sorgen für das Auffüllen der Schränke mit Operationsmaterialien für den nächsten Tag. Abschließend werden die Operationen des Tages mit den examinierten Kollegen besprochen.

Für Sigrid Wiener ist Operationstechnische Assistentin ihr Traumberuf. Das sieht man und das hört man, wenn sie einem davon erzählt. Vor nun mittlerweile zwei Jahren fasste die gelernte Arzthelferin und dreifache Mutter nach zahlreichen Unterhaltungen mit einer Freundin und langem Zögern den Entschluss, mit Anfang 50 noch einmal eine Ausbildung zu wagen. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete sie ebenso wie ihr Mann bereits am Bürger­hospital. Als sie der Pflegedirektorin des Bürger­hospitals Frankfurt Oberin Christine Schwarzbeck ihr Anliegen schilderte, griff diese kurz entschlossen zum Telefonhörer und rief die kooperierende Schule in Wiesbaden an. Zwei Wochen vor Ausbildungsbeginn erhielt Sigrid Wiener ihren Ausbildungsplatz und hat diesen Schritt nach eigener Aussage bis heute nicht bereut. Wenngleich sie zugibt, dass ihr verglichen mit ihren wesentlich jüngeren Kollegen, die oftmals frisch aus der Schule kommen, das Lernen relativ schwerfällt. Im Herbst 2015 hat sie ihre Zwischenprüfung erfolgreich bestanden.

Insgesamt drei Jahre dauert die duale Ausbildung zur Operationstechnischen Assistenz. Zugangsvoraussetzung ist der mittlere Bildungsabschluss (FOR) oder der Hauptschulabschluss mit einer zweijährigen, erfolgreich abgeschlossenen Berufsbildung, die nicht zwingend im medizinisch-pflegerischen Bereich liegen muss. Zudem sollten Bewerber ein Interesse an Technik, Naturwissenschaften und natürlich Medizin sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen mitbringen, um in einem OP arbeiten zu dürfen. Die theoretische Ausbildung findet im Blockunterricht statt.

„Für Sigrid Wiener ist Operationstechnische Assistentin ihr Traumberuf. Das sieht man und das hört man, wenn sie einem davon erzählt.“

Später können sich Operationstechnische Assistenten über Fortbildungen fachlich spezialisieren oder sich über entsprechende Studiengänge für Führungsaufgaben im Krankenhausmanagement oder im pädagogischen Bereich qualifizieren.

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2015 - Ausgabe 2
  • Minimaler Eingriff mit maximaler Wirkung - Die intravitreale Injektion bei Netz­haut­erkran­kungen
  • Pflegekräfte mit ausländischen Wurzeln - Multikulturelle Vielfalt im Krankenhaus
  • In die Niere geschaut: Uro-Magnetresonanztomographie für Säuglinge und Kinder
  • Bewegungsunterstützende Pflege: Kinästhetik bei Kindern
  • Studie: Hochintensiver fokussierter Ultraschall – Alternative bei Schilddrüsenknoten?
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  • Großzügige Spenden für unsere kleinen Patienten
  • Das Bürger­hospital vergrößert sich räumlich

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