Spannender Einblick aus erster HandInterview mit einer Kinderkrankenschwester

Nadine Kossen ist die einzige Kinderkrankenschwester unter den 20 am Bürgerhospital arbeitenden Schwestern des Ev. Diakonievereins Berlin-Zehlendorf e. V. Was sie an ihrem Beruf und der Mitgliedschaft im Verein schätzt und wie es sie aus dem Norden nach Frankfurt verschlagen hat, erzählte sie uns in einem Interview. Kristin Brunner

Sehr geehrte Frau Kossen, warum haben Sie sich für den Beruf der Kinderkrankenschwester entschieden?
Mir ging es damals nach dem Abitur so wie wahrscheinlich den meisten, die die Schule abschließen: Ich wusste noch nicht ganz genau, was ich werden wollte. Daher habe ich mich zunächst nach einem Praktikum umgesehen. Klar war allerdings, dass es zunächst ein Ausbildungsberuf sein sollte, bevor ich ein Studium ergreife. Dazu hatten mir meine Eltern geraten. Das Praktikum führte mich dann schließlich auf die Säuglingsstation des Krankenhauses in Vechta, wo ich aufgewachsen bin.

„Schon in der Ausbildung hat mich das Netzwerk begeistert, das man durch die Schwesternschaft hat.“

Und dann haben Sie dort auch die Ausbildung begonnen?
Nein. Meine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester habe ich im ca. 65 Kilometer von Vechta entfernten Oldenburg absolviert.

Von Oldenburg nach Frankfurt, das ist nicht gerade ein Katzensprung. Wie kam es zu diesem Ortswechsel von über 400 Kilometern?
Als ich mit meiner Ausbildung fertig war, gab es in Oldenburg keine interessanten Stellen für mich. Eine Kollegin aus meinem Jahrgang hatte zu diesem Zeitpunkt eine Einladung nach Frankfurt in das Bürgerhospital erhalten. Dort wurde gerade die Klinik für Neonatologie aufgebaut. Ich bin einfach mit ihr mitgefahren. Während ihr dann die Räumlichkeiten der Neonatologie gezeigt wurden, die sich zu dieser Zeit noch im Bau befanden, hat man mich durch das Bürgerhospital geführt. Am Ende des Rundgangs hat mich die damalige Oberin Silke Künker gefragt, ob ich nicht auf der Kinderchirurgie arbeiten möchte. Zwei Stunden Bedenkzeit und ein Telefonat mit meinen Eltern später war klar: Zum 1. April 2001 trete ich meinen Dienst auf der Kinderchirurgie im Frankfurter Bürgerhospital an. Ich war damals übrigens die einzige, die noch vor Ausbildungsende einen Vertrag hatte.

Wie lange hat es gedauert, bis das Heimweh kam?
Ach, das Heimweh kam immer mal wieder hoch. Nach zehn Jahren war es dann so stark, dass ich um eine Versetzung nach Oldenburg bat. Zuvor hatte ich nach fünf Jahren Kinderchirurgie innerhalb des Bürgerhospitals auf die Neonatologische Station A1b gewechselt. In Oldenburg war ich dann für drei Jahre, doch merkte ich schon bald, dass mir die Stadt zu klein geworden war und ich wieder zurück an den Main wollte. Also habe ich angefragt, ob es für mich eine Stelle in Frankfurt gäbe. Damals hatte das Bürgerhospital schon mit dem Clementine Kinderhospital fusioniert. Da es am Bürgerhospital keine freie Stelle für mich gab, konnte ich zunächst an das Clementine Kinderhospital wechseln, bis ich circa eineinviertel Jahre später wieder auf die Kinderchirurgische Station zurückkehren konnte. Und dort arbeite ich heute noch.

Wer Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in werden möchte, kann die Ausbildung am Clementine Kinderhospital absolvieren. Hier startet zwei Mal im Jahr ein Kurs für Auszubildende des Clementine Kinderhospitals und des Diakonievereins.

Sie haben nun ihr ganzes bisheriges Berufsleben Kinder und Jugendliche gepflegt. Was begeistert Sie daran?
Ich finde es klasse, dass wir jeden Tag unterschiedlich alten Kindern begegnen. Dadurch entsteht viel Abwechslung. Es ist schließlich etwas ganz anderes, ob ich einen Säugling versorge oder einen Teenager. Die Babys sind sehr süß, doch ich könnte definitiv nicht ohne die älteren Kinder und Jugendlichen, die auch schon mal streiken und uns ganz klar ihre Meinung sagen. Das kann herausfordernd sein, aber nicht nur im negativen Sinn. Es macht viel Spaß, auf die individuellen Charaktere einzugehen. Deutlich muss man aber auch sagen, dass die Kinderkrankenpflege, wie wohl jeder Pflegeberuf, ein anstrengender ist. Das meine ich nicht nur aus körperlicher Sicht. Wir sehen viele tragische Geschichten. Dann ist es umso schöner, wenn wir ein Kind wieder gesund entlassen können.
In den letzten Jahrzehnten hat sich zudem unser Tätigkeitsfeld verändert. Heute übernachtet fast immer ein Elternteil bei den Patienten. Das gab es früher nicht. Für uns bedeutet dies, dass das Waschen und Füttern der Kinder mittlerweile so gut wie entfällt. Das übernehmen die Eltern. Manchmal finde ich das schade. Doch entlastet es uns natürlich und wir können uns mehr auf die Medikation, Wundversorgung und Dokumentation konzentrieren.

Sie sind mit Ausbildungsbeginn in die Schwesternschaft des Ev. Diakonievereins Berlin-Zehlendorf e. V. eingetreten. Warum haben Sie sich für die Schwesternschaft entschieden?
Nun, um ehrlich zu sein, bin ich am Anfang eher aus Pragmatismus in die Schwesternschaft eingetreten. Als ich mich damals beworben hatte, war die Ausbildung in der Pflege heiß begehrt. Die Plätze für „normale“ Schüler waren damals bereits vergeben. Doch dann rief mich Oberin Oltmanns an und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, der Schwesternschaft beizutreten. Für Diakonieschülerinnen gab es noch freie Plätze. Zunächst habe ich etwas gezögert. Auf den Broschüren waren vor ca. 20 Jahren noch Schwestern in Tracht mit Häubchen zu sehen. Als 20-Jährige fand ich das schon etwas befremdlich. Nun ja, und dann bin ich Katholikin. Doch fand ich die Offenheit gegenüber meiner Konfession schon wieder spannend und ich wollte einfach unbedingt Kinderkrankenschwester werden. Also habe ich die Gelegenheit ergriffen und als Gastschwester – so nannte man das damals noch – am Ausbildungsgang teilgenommen. Schon bald habe ich gemerkt, dass die Entscheidung, dem Verein beizutreten, richtig war.

Einfühlungsvermögen und der Spaß am Umgang mit Kindern sind wichtige Voraussetzungen für alle, die in der Kinderkrankenpflege arbeiten möchten.

Warum?
Schon in der Ausbildung hat mich das Netzwerk begeistert, das man durch die Schwesternschaft hat. Wir sind des Öfteren nach Berlin gefahren und haben dort Schülerinnen aus anderen Häusern getroffen. Der Austausch war klasse. Es gab schon damals Stammtische und Schwesternkreise und nicht zuletzt fühlte man sich einfach in der Schwesternschaft aufgehoben.

Welche Vorteile sehen Sie 20 Jahre nach Beginn Ihrer Ausbildung in der Schwesternschaft?
Neben den bereits vorher genannten ist die große Flexibilität, die man durch den Diakonieverein hat, für mich einer der wesentlichen Vorteile. Nach der Ausbildung bin ich ja nach Frankfurt, um nach ein paar Jahren wieder nach Oldenburg und dann wieder nach Frankfurt zurückzukehren. Das alles ging ohne Kündigung und großen Bewerbungsmarathon. Ich habe meinen Wechselwunsch kommuniziert und die Schwesternschaft hat versucht, mir diesen zu erfüllen. Dies hat dann auch stets geklappt.

Eine letzte Frage zum Schluss: Würden Sie den Beruf wieder ergreifen?
Klipp und klar: Ja. Es ist ein sinnerfüllter Beruf, der zwar mit dem Schichtdienst sowie der körperlichen und seelischen Belastung Energie zieht, doch geben mir die Kinder und positiv verlaufende Genesungserfolge wahnsinnig viel zurück.

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